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Die „Alte Rheinstraße", die unser Gebiet in N.-S.-
Richtung durchzieht, ist heute in ihrem Verlauf noch gut
erkenn- und begehbar. Von Dillenburg ausgehend, an
Donsbach, Breitscheid, Gusternhain und Heisterberg
vorbei, durch Mademühlen, endet sie für uns zunächst in
Mengerskirchen. Von hier hat ihr der weitere Verlauf
nach Neuwied am Rhein wohl auch ihren Namen
eingebracht. Martin Born schreibt in seinem Buch
„Siedlungsentwicklung am Osthang des Westerwaldes":
„Die nördlich des Untersuchungsgebietes liegenden
Eisenerzgebiete beeinflußten natürlich auch die
mittelalterliche Verkehrsausrichtung". Aus diesem und
anderen Gründen dürfen wir annehmen, daß sie eine
ehemals bedeutende Handels- und Verkehrsstraße durch
unser Gebiet in dieser Richtung war.
Über ihr wirkliches Alter läßt sich wohl kaum genaues
nachweisen, es dürfte etwa in der Zeit der Erbauung der
Dillenburger und Driedorfer Burgen, 1200—1300 zu
suchen sein. Wenn sie nämlich, wie bekannt ist, durch
Wilhelm den Reichen (1487—1559) ausgebaut wurde,
muß sie doch schon früher bestanden haben. Sicher hat er
für ihren Ausbau gute verkehrsmäßige Gründe gehabt.
Planung und Ausbau der „Alten Rheinstraße" könnte, wie
bereits erwähnt, etwas mit den Driedorfer Burgen zu tun
haben. Die Abzweigung in der Gegend des Höllkopfes zu
den hier errichteten befestigten Lager- und
Umschlagplätzen lassen Gedanken in dieser Richtung
bestechend erscheinen. Sowohl der Verlauf über die
genannte Strecke, als auch ihre Breite, in der Regel etwa 8
Meter, deuten darauf, daß sie nicht als
Siedlungsverbindung, sondern als Hauptverkehrsader
angelegt war.
Der einzige Ort in unserem Gebiet, der von ihr durch-
zogen wird, ist Mademühlen. Hier, nachdem der Rehbach
überquert ist, verläuft sie weiter in Richtung Knoten nach
Mengerskirchen. Erfreulich bleibt festzustellen, daß sich
auch in der Gemeinde Mademühlen der Name dieses quer
durch den Ort verlaufenden alten Handelsweges über viele
Generationen erhalten und man ihr bei der neuen
Bezeichnung ihrer Ortsstraßen ihren ursprünglichen
Namen „Alte Rheinstraße" wieder gegeben hat.
Unter der Überschrift: „Auf den Spuren des Mittelalters"
veröffentlichte die „Dillzeitung" am 8. 8. 1961-den
folgenden Artikel von Herrn J. Zimmermann .vDa er auch
zur Aufhellung unseres Themas beiträgt, soll er im
folgenden in Auszügen wiedergegeben werden. „Die Alte
Rheinstraße kann man noch von Dillenburg bis
Mengerskirchen begehen. Sicher werden sich schon viele
Bewohner des Dillkreises einmal Gedanken über ihren
Ursprung gemacht haben. Wir haben uns um einen
genauen Ursprung dieser, in früherer Zeit wohl großen
Hauptverkehrsstraße bemüht, konnten jedoch nichts
Genaues erfahren.
Eines steht fest, daß die Alte Rheinstraße, die von Dil-
lenburg aus nach dem Westerwald führt, etwa z. Zt.
Wilhelms des Reichen (1487—1559) ausgebaut wurde.
Die Anlage der Straße dürfte jedoch schon viel früher
erfolgt sein, das beweisen frühgeschichtliche Funde, die
man entlang der Straße entdeckte und deren Alter man
wissenschaftlich nachweisen konnte.
Im Volksmund hält sich immer noch die Meinung, daß die
Alte Rheinstraße von Napoleon, etwa um 1815 ausgebaut
worden sei. Wir unterhielten uns einmal mit Rechtsanwalt
Wienecke jr., der sich um die Erforschung der alten
Straßen in unserem Heimatgebiet besondere Verdienste
erworben hat. Rechtsanwalt Wienecke erklärte uns, daß
diese Straße z. Zt. Napoleons schon lange ausgebaut war.
Es bestehe natürlich die Möglichkeit, daß Napoleon sie
bei seinen Feldzügen benutzt habe, doch stehe nicht fest,
welche Straße dabei gemeint sei. Es gibt nämlich zwei
Straßen mit der Bezeichnung Alte Rheinstraße".
Die oben erwähnte zweite Rheinstraße, von Martin Born
als die ältere vermutet, zweigte in Haiger ab und führt
über Wangenaubach — Rabenscheid — Waldaubach —
Hohenroth — Mademühlen — Mengerskirchen. Beide
Rheinstraßen wären demnach über eine Strecke von ca.
30 km etwa parallel verlaufen, bevor sie sich in
Mademühlen vereinigten und in Richtung Knoten
weiterführten.
Damit wäre das im Augenblick Erreichbare über diese
ehemalige Handels- und Verkehrsstraße erfaßt. Es mag
späteren Nachforschungen, eventuellen Grabungen oder
Vermessungen, vielleicht auch zufälligen Funden
vorbehalten bleiben, zur Zeit noch Dunkles auch über
unsere „Alte Rheinstraße" aufzuhellen.
„Die Hohe Straße" im heimischen Sprachgebrauch als
„Dr. Wetzlersche Weeg" bekannt, verdient es, ihrer
frühen Bedeutung wegen, daß zumindest das bis jetzt
bekannte, bzw. veröffentlichte von ihr festgehalten
werden sollte. Unter dem Titel „Die Hohe Straße" hat
Herr Bernd Reese, Elgershausen, einen Bericht über den
Verlauf des Elgershausen — Driedorfer Teilstückes
dieser Straße veröffentlicht. Dieser Bericht, erschienen
im „Mitteilungsblatt des Herbor-ner Geschichtsvereins"
vom Januar 1964, wird mit freundlicher Einwilligung des
Geschichtsvereins hier abschriftliche übernommen. Er
kann zumindest für die Strecke zwischen Driedorf —
Elgershausen ein anschauliches Bild über ihren Verlauf,
Entwicklung und Ausbau geben.
Es ist kaum anzunehmen, daß der Verlauf der Straße, die
heute nur als Holzabfuhrweg dient und entsprechend
befestigt wurde, genau dem des damaligen Verlaufs
entsprach, zumindest nicht im Driedorfer Raum.
Wahrscheinlicher ist, daß sie weiter südlich über den
Höhenzug führte. Noch erhaltene, auch leicht befestigte
Teilstrecken, die in der gleichen Richtung verlaufen,
könnten diese Vermutung erhärten. Auch der Verfasser
des folgenden Berichtes macht an dem Teilstück bei
Elgershausen die Beobachtung, daß